Whistleblowing

Whistleblowing als integraler Bestandteil von Compliance & Corporate Governance

Der englische Begriff Corporate Governance bedeutet Unternehmensführung und bezeichnet im Wesentlichen den Ordnungsrahmen für die Leitung und die Überwachung eines Unternehmens. Der Ordnungsrahmen wird maßgeblich durch den Gesetzgeber bestimmt. 

Compliance bzw. Regeltreue ist in der betriebswirtschaftlichen Fachsprache der Begriff für die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch von freiwilligen Kodizes sowie unternehmensinternen Regelungen (wie z.B. unternehmensinternen Policies) durch die eigenen Mitarbeiter.

Der Begriff Corporate Governance ist im Verhältnis zum Begriff Compliance weiter, weil er alle Regelungen und anerkannten Standards sorgfältiger Unternehmensführung umfasst. Der Unterschied zwischen Corporate Governance und Compliance liegt in der Perspektive. Während Corporate Governance die Sichtweise der „Regulierer“ prägt, umschreibt Compliance den Blickwinkel der „Regulierten“, also der betroffenen Unternehmen. Compliance kann als wesentlicher Teil einer funktionierenden Corporate Governance gesehen werden, da eine zeitgemäße Unternehmensführung ein Compliancemanagement-System umfasst. 

Wesentlicher Bestandteil eines Compliancemanagement-Systems ist ein adäquates Hinweisgeber- bzw. Whistleblowingsystem. Durch solch ein Hinweisgebersystem kann sichergestellt werden, dass geltende Gesetzte und Richtlinien durch die Mitarbeiter auch eingehalten werden und es sich nicht nur um ein zahnloses Normengefüge handelt.

Beim Whistleblowing werden Hinweise auf Missstände in Unternehmen gegeben. Der Whistleblower (Hinweisgeber) ist meist Mitarbeiter, kann aber auch Kunde, Berater, Lieferant oder ein anderer vertraglich gebundener Dienstleister sein, der aus eigener Erfahrung über Missstände berichtet. Damit man von Whistleblowing sprechen kann, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein: Es handelt sich um im Unternehmen vorliegende Missstände von erheblicher Tragweite, und es geht nicht nur um die persönlichen Umstände des Whistleblowers, sondern um einen Vorfall von allgemeinem Interesse.

Durch ein vorhandenes Whistleblowing-System werden die Mitarbeiter verpflichtet oder zumindest angehalten, auf Fehlverhalten anderer Mitarbeiter und Vorgesetzter hinzuweisen. Unter anderem auf folgende Fehlverhalten soll hingewiesen werden:

  • fehlerhafte Buchführung und Bilanzierung,
  • Korruption, Betrug, Urheberrechtsverletzung,
  • Wettbewerbsdelikte,
  • Insolvenzstraftaten,
  • Bestechungs-, Bank- und Finanzkriminalität sowie
  • Verstöße gegen einen im Unternehmen bestehenden Verhaltenskodex.

Durch Whistleblowing wird etwas aufgedeckt und enthüllt und die verantwortliche Stelle (z.B. Head of  Compliance, Rechtsabteilung) respektive der Arbeitgeber werden informiert. Die Hinweise eröffnen die Möglichkeit, die Missstände zu beseitigen. Die Motive für Whistleblowing sind häufig rechtlicher oft aber auch ethischer Art.

Wie Studien zeigen werden intern vorhandene Informationen über Missstände und Risiken oftmals gar nicht oder nicht an die richtige Stelle weitergegeben. Dafür verantwortlich waren unter anderem der bisher mangelnde rechtliche Schutz von Hinweisgebern (mangelnde Anonymität) sowie befürchtete Benachteiligungen der Hinweisgeber durch Kollegen und Vorgesetzte.

Ziel jedes Compliancemanagements ist es, auf die Einhaltung gesetzlicher Normen und unternehmensinterner Regelungen hinzuwirken, um dadurch Haftungsansprüche oder andere Rechtsnachteile für das Unternehmen, seine Organe und Mitarbeiter zu vermeiden.

Compliance dient daher allgemein der Risiko- und Schadensprävention im Unternehmen.

Vorteile eines funktionierenden Hinweisgebersystems sind unternehmensintern:

  • Risikoabbau
  • Präventionswirkung zur Verhinderung von Fehlverhalten
  • Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit aufgrund Einhaltung der diversen Verhaltenskodizes durch die übrigen Mitarbeiter (dadurch wird auch unmittelbar das Abwandern von Mitarbeitern verhindert)

Unternehmensextern sind besonders folgende Vorteile hervorzuheben:

  • Reputationsverbesserung gegenüber Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit
  • Umsatzsteigerung aufgrund rechtlicher und ethischer korrekter Unternehmensführung (z.B. Vertiefung bestehender Geschäftsbeziehungen aufgrund gesteigerten Vertrauens unter den beteiligten Geschäftspartnern)
  • Verbesserung der Lieferantenbeziehungen (Durch ein eingerichtetes Whistleblowingsystem kann dem Lieferanten ein  geringeres Risiko signalisiert werden, dass das Unternehmen in wirtschaftliche Probleme gerät, die ohne ein Whistleblowingsystem mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten könnten.)
  • Senkung der Versicherungsprämien (unter anderem im Hinblick auf den Abschluss einer Directors and Officers Versicherung - D&O Versicherung)
  • Senkung der Eigenkapitalkosten (Rechtskonformes Handeln steigert unmittelbar den Unternehmenswert, wie z.B. Aktienkurse.) 
  • Senkung der Fremdkapitalkosten (Rechtskonformes Handeln vermindert allgemein das Kreditausfallsrisiko, was unmittelbar zu besseren Kreditkonditionen führt.)

Der Einsatz eines umfassenden Hinweisgebersystems für Mitarbeiter und Externe ist ein deutliches Signal nicht nur an die eigenen Mitarbeiter, dass rechtlich und ethisch einwandfreies Verhalten eingefordert wird, sondern auch an Investoren und Aktionäre, dass innovative Maßnahmen ergriffen werden, um Vermögens- und Imageschäden vom Unternehmen abzuwenden.